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23.10.2015

Kultusministerium startet Kampagne für Alphabetisierung

Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück ist „Botschafter“
 
Staatssekretärin Marion v. Wartenberg: Gemeinsam wollen wir erreichen, dass Menschen ihre Ängste überwinden und besser schreiben, lesen und rechnen lernen

Das Kultusministerium startet eine neue Kampagne, um die rund eine Million Erwachsenen im Land mit Lese- und Schreibschwierigkeiten stärker dabei zu unterstützen, aus ihrer Anonymität herauszufinden und sich weiterzubilden. „Gemeinsam wollen wir erreichen, dass Menschen ihre Ängste überwinden und besser schreiben, lesen und rechnen lernen. Und wir wollen in Wirtschaft und Gesellschaft dafür werben, diese Menschen zu unterstützen“, erklärte Staatssekretärin Marion v. Wartenberg heute (23. Oktober). Die Kampagne umfasst drei Bestandteile: Erstens werden die Lernangebote und Kurse ausgebaut. Zweitens wird durch eine Fachstelle beim Volkshochschulverband die Kompetenz für Alphabetisierung und Grundbildung in Baden-Württemberg gebündelt. Drittens soll die Kampagne die Öffentlichkeit sowie insbesondere Arbeitgeber in Wirtschaft und Verwaltung stärker für die Thematik sensibilisieren. Mit dieser Kampagne beteiligt sich das Land auch an der neuen Nationalen Dekade des Bundes zur Alphabetisierung und Grundbildung.

Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück wird sich als neuer „Botschafter“ für Alphabetisierung einbringen. „Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass funktionale Analphabeten, also Menschen, die aus vielerlei Gründen und Schicksalen nur schlecht lesen, schreiben oder rechnen können, nicht weniger intelligent sind. Sie haben meist aus einem Schicksal heraus nie lesen und schreiben gelernt. Wir müssen sie aus der sozialen Isolation holen. Sie brauchen eine Chance, man muss ihnen Mut machen und das führt zu Intelligenz“, betonte Uwe Hück anlässlich des Kampagnenstarts.

Um die Kampagne umsetzen zu können, stehen in Zusammenarbeit mit dem Sozialministerium rund 1,2 Millionen Euro aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) zur Verfügung. Damit können eine Vielzahl neuer Kurs- und Lernangebote bei zwölf Weiterbildungsträgern finanziert werden. Die Weiterbildungsträger beteiligen sich zur Hälfte an den Kosten. Der größte Anteil fließt mit rund 296.000 Euro in die Fachstelle für Alphabetisierung und Grundbildung, die beim Volkshochschulverband Baden-Württemberg in Kooperation mit der Pädagogischen Hochschule Weingarten eingerichtet wird. Die Technische Akademie Schwäbisch Gmünd erhält eine Förderung von rund 213.300 Euro für neue Lernangebote (siehe Seite 4). Die vier größten Städte im Land sind über öffentliche Weiterbildungsträger einbezogen (Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe, Freiburg). Private Weiterbildungsträger kommen aus Schwäbisch Gmünd, Ulm und Kuppenheim (Baden).

Erwerbstätige sind die Zielgruppe

Die neue Fachstelle ist zentrale Anlaufstelle, vermittelt die Erfahrungen der Projektträger und ist zuständig für den Aufbau landesweiter sowie regionaler und lokaler Netzwerke. Über die ESF-Förderung hinaus finanziert das Land 50 Prozent der Personalkosten für zwei Stellen aus dem Landeslehrerprogramm. „Wir freuen uns, dass die erfolgreiche Kooperation des Landes mit dem Volkshochschulverband ausgebaut und auf eine weitere Grundlage gestellt werden kann“, sagte die Staatssekretärin. Das Land hat die Alphabetisierungsmöglichkeiten seit 2012 durch eine Aufstockung der Grundförderung für die Weiterbildungsträger verbessert. 2013 und 2014 wurden diese Lernangebote durch zwei Impulsprogramme direkt gefördert.

Zielgruppe der neuen Kurse sind vor allem Beschäftigte. Im Zentrum steht unter anderem die arbeitsplatzorientierte Grundbildung, bei der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer direkt im Betrieb Kurse absolvieren können. Dabei soll es nicht allein um Lesen, Schreiben und Rechnen gehen. Die Unternehmen können darüber hinaus eigene inhaltliche Schwerpunkte setzen. Beschäftigte sollen etwa die Fachsprache erlernen, Dokumentationen erstellen, Führerscheine für Maschinen absolvieren, digitale Werkzeuge bedienen oder schriftlich kommunizieren können. So steigt nicht nur die Motivation. Auch die Unternehmen profitieren davon, ihren Beschäftigten wichtige Fähigkeiten zu vermitteln und so auch den Fachkräftemangel anzugehen. „Die Voraussetzung für einen Erfolg ist, dass es uns gelingt, den Betroffenen die Angst vor einer Stigmatisierung zu nehmen. Wichtig ist dabei, dass Wirtschaft und Verwaltung mitziehen“, sagte die Staatssekretärin. Hier sei insbesondere die Vermittlung durch Vertrauenspersonen in den Betrieben wichtig.

Sensibilisierung der Öffentlichkeit durch „Botschafter“ Uwe Hück

Die Staatssekretärin freut sich besonders über die Bereitschaft von Uwe Hück, als „Botschafter“ für die Alphabetisierung mitzuwirken. Der Betriebsratschef wird sich bei unterschiedlichen Veranstaltungen engagieren. „Uwe Hück kann Menschen besonders glaubwürdig erläutern, welche Chancen sie haben, wenn sie besser lesen und schreiben lernen. Und er kann eine Brücke zu den Unternehmen schlagen. Seine Mitarbeit ist ein großer Gewinn für unsere Arbeit“, betonte v. Wartenberg. Laut Level-One-Studie der Universität Hamburg (2011) liegt die Zahl der funktionalen Analphabeten unter der erwerbsfähigen Bevölkerung zwischen 18 und 64 Jahren in Deutschland bei rund 7,5 Millionen Menschen. Der Volkshochschulverband Baden-Württemberg geht in Baden-Württemberg von einer Million Betroffenen aus.

Das Kultusministerium wird sich besonders bei der Öffentlichkeitsarbeit für das Thema engagieren, um die Gesellschaft dafür zu sensibilisieren:

  • Ein neuer Kurzfilm thematisiert die Bedeutung der Alphabetisierung:
    http://km-bw.de/;
  • die Projekte starten bei den Weiterbildungsträgern vor Ort durch Pressekonferenzen mit Staatssekretärin v. Wartenberg, Vertretern der Kommunen und des Kursträgers: Ulm (26.10.), Freiburg (23.11.), Schwäbisch Gmünd (3.12.). und Stuttgart (7.12.);
  • die wichtigsten Verbände im Land werden eingeladen, sich an der Gründung eines landesweiten Beirats zu diesem Thema zu beteiligen;
  • es gibt eine neue landesweite Werbekampagne in Höhe von rund 100.000 Euro aus Mitteln des Landesprogramms Weiterbildung.

Weitere Informationen

Bewilligte Anträge der ESF-Ausschreibung „Alphabetisierung und Grundbildung“

Antragssteller

Höhe der ESF-Förderung (gerundet, in EURO)

Kosten des Gesamtprojekts (gerundet, in EURO)

Volkshochschulverband Baden-Württemberg (für Fachstelle)

295.000

590.000

Technische Akademie Schwäbisch Gmünd

213.000

426.000

Fakt.ori, Ulm

75.000

150.000

VHS Heidenheim

72.000

144.000

Bildungswerk der Evang.-methodistischen Kirche

64.000

128.000

VHS Konstanz-Singen

63.000

126.000

VHS Karlsruhe

57.500

115.000

VHS Freudenstadt

51.000

102.000

VHS Stuttgart

50.500

101.000

Abendakademie Mannheim

50.000

100.000

Effektiv-Bildung, Kuppenheim

50.000

100.000

VHS Freiburg

37.500

75.000

VHS Heilbronn

30.000

60.000

 

Zur Person Uwe Hück

Er wurde 1962 in Stuttgart geboren und wuchs als Waise im Kinderheim auf. Diese Erfahrungen haben ihn geprägt und treiben ihn an, Menschen in Not zu helfen. 1977 bis 1981 erlernt er den Beruf des Autolackierers. 1985 beginnt er als Lackierer bei Porsche. 1990 wird er Mitglied des Betriebsrats, 2002 Chef des Gesamtbetriebsrats von Porsche. Seit 2010 ist er Vizechef des Aufsichtsrats, seit 1. Juli 2015 Mitglied des VW-Aufsichtsrats. Gleichzeitig engagiert sich Uwe Hück für benachteiligte Jugendliche durch Ausbildungsprojekte sowie für Flüchtlinge zusammen mit der Porsche AG mit einem Integrationsjahr für 15 junge Flüchtlinge pro Jahr.

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