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3 Fragen 3 Antworten

3 Fragen 3 Antworten: Diesmal mit zwei Schulleitern zu „Lernen mit Rückenwind“

links ein Mann in schwarzem Sakko, rechts ein Mann in kurzarmigem Hemd.
Das Aufholprogramm „Lernen mit Rückenwind“ wird verlängert – eine sehr gute Nachricht finden Rüdiger Hocke und Bernhard Straile.

Die Corona-Nachwirkungen sind noch zu spüren. Daher wird „Lernen mit Rückenwind“ verlängert. Wir haben mit zwei Schulleitern über das erfolgreiche Aufholprogramm gesprochen und darüber, was sie von der Verlängerung halten. 

Herr Straile, Herr Hocke, warum haben Sie bei „Lernen mit Rückenwind mitgemacht?

Straile: Wir haben darin eine Chance für die individuelle und differenzierte Förderung einzelner Schülerinnen und Schüler gesehen, die entweder familiär nicht die notwendige Unterstützung für schulisches Lernen bekommen oder durch den Rückzug ins Private während der Corona-Pandemie emotional in eine schwierige Situation gekommen sind. Verbunden war dies mit Bewerbungen aus unserer Raumschaft über das Portal „Lernen durch Rückenwind“, da nur so ein passendes inhaltliches und pädagogisch sinnvolles Setting entwickelt werden konnte und kann.

Hocke: Im Verlauf der Pandemie wurde uns früh deutlich, dass die Auswirkungen auf die Schülerinnen und Schüler sich nicht nur darauf beschränken werden, bei Bedarf Fachinhalte nachzuholen. Wie vieldimensional sich Lernprozesse gestalten, hat der lang anhaltende Fernunterricht deutlich gemacht. Aus diesem Grunde waren wir sehr froh darüber, dass das Land uns mit dem Programm Lernen mit Rückenwind ein sehr flexibles Instrument zur Verfügung gestellt hat, um bedarfsorientiert und flexibel auf Förderbedarfe von Schülerinnen und Schülern in verschiedensten Hinsichten zu reagieren, von denen wir zu Beginn nur eine grobe Vorstellung hatten, worin diese genau bestehen. Durch Evaluationen haben wir das Programm im Verlauf der fast zwei Jahre immer wieder leicht modifiziert und den Bedarfen angepasst. 

Wie läuft das Programm konkret an Ihrer Schule ab, warum sind Sie zufrieden?

Hocke: Das Programm ruht bei uns auf drei Säulen: fachliche Förderung außerhalb des Unterrichts, binnendifferenzierte Förderung im Fachunterricht und sozial-emotionale Maßnahmen sowohl im Klassen- als auch im Kleingruppenverband. In den pädagogischen Konferenzen im Herbst geben die Fachkolleginnen und Kollegen Empfehlungen an Eltern, ihr Kind für das Programm online zu registrieren. Selbstverständlich können Eltern sich aber auch ohne Empfehlung anmelden. Die Fachkolleginnen wiederum können für einzelne Klassen Bedarf zur binnendifferenzierten Förderung anfordern. Die Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter und die Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer melden Bedarf im sozial-emotionalen Bereich an. Die Gesamtkoordination der LmR-Maßnahmen hat eine „Koordinierungsgruppe Rückenwind am Carlo“ (KoRC) übernommen, die aus Lehrkräften, Schulsozialarbeitern, Sekretärinnen und Schulleitung besteht. Die Gruppe koordiniert nach Innen die Bedarfe, koordiniert nach außen den Kontakt zu den pädagogischen Assistentinnen und Assistenten sowie den externen Partnern und setzt die geplanten Maßnahmen um.

Mit dem Programm Lernen mit Rückenwind steht den Schulen ein sehr flexibles Instrument zur Verfügung, um bedarfsorientiert und flexibel auf Förderbedarfe von Schülerinnen und Schülern in verschiedensten Hinsichten zu reagieren. 

Straile: Wir haben die Ausschreibungen der Kurse passgenau auf die aus unserer Raumschaft vorliegenden Bewerbungen von Unterstützungskräften abgestimmt. Die Unterstützung verläuft parallel oder ergänzend zum regulären Unterricht und in enger Abstimmung mit den jeweiligen Fachlehrkräften. Die Unterstützungskräfte sind in alle schulischen Veranstaltungen (von Konferenzen bis zu kollegialen Aktivitäten) eingebunden und beteiligt.

Wir sind deshalb zufrieden, weil dieses Personalgewinnungsprogramm sehr einfach funktioniert, die Erhöhung des Personalbudgets bei Bedarf durch eine hervorragende Kooperation mit dem zuständigen Schulrat in kürzester Zeit möglich ist und die Zeit von einer Ausschreibung bis zu einer Einstellung einer Unterstützungskraft sehr kurz ist.

Inhaltlich wären wir nicht in der Lage gewesen, die individuelle Förderung und Begleitung einzelner Schülerinnen und Schüler aus eigenen Kräften zu bewältigen. Da die Kurse Hand in Hand mit dem Fachunterricht bzw. aller am Schulleben Beteiligten erfolgen, kann es für ein Unterstützungssystem nicht besser gehen.

Inwiefern ist es hilfreich, dass „Lernen mit Rückenwind“ verlängert wird?

Straile: Das Aufholprogramm ist die flexibelste Personal-Einsatzmaßnahme, die im Land Baden-Württemberg entwickelt wurde, seit ich als Lehrer begonnen habe – und das war vor 35 Jahren. Das hohe Tempo möglicher Einstellungen, die optimale und schnell herstellbare Übereinstimmung zwischen Bedarf und zur Verfügung stehenden Bewerberinnen und Bewerbern sind einzigartig. Ein solch flexibles und schnell anpassbares Personalsystem aufzugeben, wäre eine vertane Chance und das in einer Zeit massiven Lehrermangels. Inhaltlich ist es eine eher rationale Vorstellung, die „Lernrückstände“ durch Corona könnten innerhalb eines Jahres „abgearbeitet“ oder gar „aufgeholt“ werden – nein, so funktioniert es in der pädagogischen Wirklichkeit eben nicht. Gerade die Begleitung von Kindern und Jugendlichen aus einem wenig oder nicht unterstützenden Lebensumfeld braucht Zeit, Geduld und vor allem eine längerfristige Beziehung. Dies gilt umso mehr, wenn es um eine Förderung und Begleitung im sozial-emotionalen Bereich geht.

Hocke: Meines Erachtens ist „Lernen mit Rückenwind“ ein hervorragendes Programm zur Unterstützung von Schülerinnen und Schülern. Es hat sich gezeigt, dass bei zahlreichen Schülerinnen und Schüler die negativen Nachwirkungen der Corona-Pandemie dauerhaft anhalten. Dies bezieht sich nicht nur auf mögliche fachlichen Defizite, sondern auf die komplexe Wechselwirkung von Corona bedingten psychischen Schwierigkeiten und Leistungsschwierigkeiten. Ein längerfristig angelegtes, flexibles Unterstützungssystem für Schulen, wie „Lernen mit Rückenwind“, ist für die kommenden Jahre unabdingbar, um die Schülerinnen und Schüler individuell unterstützen zu können. 

Bernhard Straile ist Rektor an der Gemeinschaftsschule in Aldingen, Rüdiger Hocke leitet das Carlo-Schmid-Gymnasium in Tübingen.

Zu unserer Pressemitteilung zur Verlängerung von „Lernen mit Rückenwind“ geht es hier.

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