Baden-Württemberg macht zum neuen Kindergartenjahr einen großen Schritt zur Weiterentwicklung der Qualität in der
frühkindlichen Bildung. „Die frühen Lebensjahre prägen die persönliche und soziale Entwicklung der Kinder. Die
Qualität der frühkindlichen Bildung ist deshalb entscheidend für eine erfolgreiche Bildungsbiografie unserer Kinder“,
betont Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann.
Das Kultusministerium und die kommunalen Spitzenverbände haben im Januar 2019 den „Pakt für gute Bildung und Betreuung“ geschlossen – für mehr
Qualität in der frühkindlichen Bildung, mehr Fachkräfte und eine intensivere Förderung für alle Kinder. Der
Ministerrat hat heute für die Maßnahmen des Pakts grünes Licht erteilt. Das Land wird dafür ab Herbst 2019 schrittweise
bis zum Endausbau im Jahr 2024 insgesamt bis zu 80 Millionen Euro jährlich investieren. Diese dauerhaften, jährlichen
Landesmittel werden noch um befristete Bundesmittel aus dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der
Kindertagesbetreuung (Gute-Kita-Gesetz) ergänzt. Rund 729 Millionen Euro werden in den Jahren 2019 bis 2022 aus dem Gute-Kita-Gesetz
nach Baden-Württemberg fließen und die Maßnahmen des Pakts ergänzen. „Unser Ziel ist, von Grund auf eine
höhere Bildungsqualität für alle Kinder zu ermöglichen. Die immense Bedeutung der Bildung in der frühen Kindheit
kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Es ist wichtig, Kinder so früh wie möglich in ihrer Entwicklung zu
unterstützen und allen Kindern, unabhängig von ihrem familiären Kontext, gute Startchancen zu ermöglichen“, so
Eisenmann. Die Ziele des Pakts für gute Bildung und Betreuung sind somit eng verknüpft mit der Qualitätsoffensive für
das Schulsystem.
Ausbildungsoffensive für mehr Fachkräfte im Land
Ein guter Personalschlüssel ist eine wichtige Voraussetzung für die Qualität in den Kindertageseinrichtungen.
Baden-Württemberg ist beim Personalschlüssel zwar der bundesweite Spitzenreiter, doch auch hierzulande fehlen derzeit
Fachkräfte. Zu den zentralen Maßnahmen des Pakts gehört deshalb eine groß angelegte Ausbildungsoffensive. Durch eine
Ausbildungspauschale als Anreiz für Kita-Träger, zusätzliche Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, sollen
Auszubildende gewonnen werden. Diese Ausbildungsoffensive Baden-Württembergs soll durch das Bundesprogramm
„Fachkräfteoffensive für Erzieherinnen und Erzieher: Nachwuchs gewinnen und Profis binden“ sowie die
baden-württembergischen Handlungsfelder im Rahmen des Gute-Kita-Gesetzes noch einen zusätzlichen Schub erhalten: Über das
Bundesprogramm können in Baden-Württemberg etwa 340 Personen gefördert werden und über das Gute-KiTa-Gesetz weitere
rund 660 Personen. Insgesamt können damit 1.000 zusätzliche Ausbildungsplätze gefördert werden. Diese umfangreiche
Ausbildungsoffensive bedingt eine Aufstockung der schulischen Kapazitäten. Deshalb werden zusätzliche Lehrkräfte eingesetzt,
um weitere Klassen an den Fachschulen für Sozialpädagogik einzurichten. Das Land erhöht die schulischen
Ausbildungskapazitäten für Erzieherinnen und Erzieher damit langfristig auf insgesamt fast 6.000 Plätze.
Sprachkompetenz ist elementar für den Bildungserfolg
Ein weiterer Schwerpunkt des Pakts liegt auf der sprachlichen und elementaren Förderung von Kindern. Aus den Resultaten der
Einschulungsuntersuchung (ESU) und aus strukturierten Beobachtungen der pädagogischen Fachkräfte ergibt sich, dass rund 30
Prozent der Kinder in den baden-württembergischen Kindertageseinrichtungen einen sprachlichen Förderbedarf haben. Jeweils circa
zehn bis 15 Prozent der Kinder haben eine noch nicht dem Alter entsprechende Entwicklung bei den mathematischen
Vorläuferfähigkeiten sowie bei den sozial-emotionalen Kompetenzen, rund ein Viertel der Kinder in der Motorik. Damit jedes Kind
die individuell gezielte Förderung erhalten kann, beinhaltet das neue Konzept „Kompetenzen verlässlich voranbringen“
eine entsprechende Weiterentwicklung der Einschulungsuntersuchung (ESU). Ausgehend von der ESU werden künftig alle Eltern bei einem
festgestellten Förderbedarf des eigenen Kindes in einem von der Kita verbindlich anzubietenden Entwicklungsgespräch über
Fördermöglichkeiten informiert. An diesem „Runden Tisch“ nehmen Eltern, pädagogische Fachkräfte der Kita
und nach Möglichkeit Kooperationslehrkräfte der Grundschulen sowie Vertreter des Gesundheitsamts und von
Frühförderstellen teil. „Bislang ist eine Förderung nach der Einschulungsuntersuchung nicht die Regel, wodurch Kinder
in ihrer Entwicklung nicht gezielt unterstützt werden. Das dürfen und können wir uns nicht weiter leisten. Jedes Kind hat
ein Recht auf Bildung und verbindliche Förderung“, so Ministerin Eisenmann. Sprachkompetenz und Ausdrucksvermögen seien
elementar für den Bildungserfolg aller Kinder.
Inklusion – Kooperation Kita - Grundschule – Stärkung der Kindertagespflege
Der Pakt für gute Bildung und Betreuung umfasst außerdem eine stärkere Unterstützung der Inklusion durch mobile
Fachdienste und Qualitätsbegleiter. Der Einstieg beginnt mit einer Modellphase in insgesamt acht Stadt- und Landkreisen: In Phase eins
starten ab Herbst 2019 der Landkreis Böblingen und der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald; ab Januar 2020 folgen der Stadtkreis
Mannheim, der Enzkreis, der Landkreis Esslingen, der Landkreis Reutlingen, der Landkreis Biberach und der Stadtkreis Freiburg. Auch die
Kooperation von Kindertageseinrichtung und Grundschule wird gestärkt. Das Land hat dafür bereits die Zuweisungen an die Gemeinden
erhöht, so dass ab Oktober 2019 jede Kindertageseinrichtung zusätzliche Mittel in Höhe von 1.000 Euro pro Jahr für die
Kooperation zwischen der Kindertageseinrichtung und der Grundschule erhält. Weitere Maßnahmen des Pakts sind eine finanzielle
Stärkung der Kindertagespflege sowie eine Evaluation des Orientierungsplans.
Stellenwert frühkindlicher Bildung sichtbar machen
Außerdem errichtet das Land eine eigene Einrichtung für die Elementarbildung, das „Forum frühkindliche
Bildung“. „In Kindertageseinrichtungen geht es schon lange nicht nur um Betreuung. Kitas sind heute als Bildungseinrichtungen
etabliert. Diese frühkindlichen Bildungsaufgaben müssen wir weiter stärken. Dies geschieht auch, indem wir die
Elementarbildung institutionell aufwerten – mit einer eigenen Einrichtung, die deren Stellenwert in Baden-Württemberg und
über die Landesgrenze hinaus gerecht wird“, betont Ministerin Eisenmann. Aufgabe des „Forums Frühkindliche
Bildung“, das im Jahr 2020 an den Start gehen soll, ist es, die Qualität in der Kindertagesbetreuung durch wissenschaftlich
fundierte Begleitung zu sichern und weiterzuentwickeln und die Vernetzung von Praxis und Theorie sowie den Wissenschaftstransfer zu
ermöglichen.
Gute-Kita-Gesetz ergänzt Pakt für gute Bildung und Betreuung
Ziel des so genannten Gute-Kita-Gesetzes des Bundes ist, die Qualität frühkindlicher Bildung, Erziehung und Betreuung
bundesweit weiterzuentwickeln und die Teilhabe in der Kindertagesbetreuung zu verbessern. „Beim Gute-Kita-Gesetz handelt es sich aber
leider um einmalige Projektmittel, die im Gegensatz zu den Landesmitteln des Pakts für gute Bildung und Betreuung zeitlich befristet
sind“, sagt Ministerin Eisenmann. Die Länder konnten dafür verschiedene Handlungsfelder zur Qualitätsverbesserung
auswählen. Das Land Baden-Württemberg hat sich dafür entschieden, aufbauend auf den Pakt für gute Bildung und Betreuung
die Bundesmittel ebenfalls für qualitative Maßnahmen zu verwenden. Die Mittel werden beispielsweise dafür verwendet,
Leitungszeit in Kitas zu gewähren sowie Qualitätsverbesserungen in der Kindertagespflege umzusetzen.
Leitungszeit ist entscheidendes Qualitätsmerkmal
„Mit den kommunalen Landesverbänden und unseren Gesprächspartnern der kirchlichen und freien Träger und der
Kindertagespflege waren wir uns einig, dass wir den überwiegenden Teil der Bundesmittel in die Leitungsfreistellung investieren
wollen. Leitungszeit für die Erfüllung der pädagogischen Kernaufgaben sehen wir als ein entscheidendes Qualitätsmerkmal
für die Weiterentwicklung der pädagogischen Arbeit in den Kindertagesstätten und damit für die gelingende
Förderung aller Kinder an“, betont Ministerin Dr. Eisenmann. Nach Beratung mit den kommunalen Landesverbänden sollen alle
Kitas unabhängig von der Größe und der Anzahl ihrer Gruppen einen Grundsockel von sechs Stunden pro Woche für die
Erfüllung der pädagogischen Kernaufgaben erhalten. Bei Kitas mit zwei Gruppen oder mehr sollen zusätzlich zwei Stunden
Leitungszeit pro Gruppe und Woche gewährt werden.
Neben den bereits genannten Punkten – Gewährung von Leitungszeit und Förderung von PiA-Ausbildungsplätzen –
sollen die Mittel des Gute-Kita-Gesetzes in Baden-Württemberg auch für die Erhöhung des Umfangs der Qualifizierung von
Tagespflegepersonen sowie für folgende Handlungsfelder eingesetzt werden: für die Qualifizierung von Kita-Leitungen, die
Weiterführung des Bundesprogramms „Sprach-Kitas“ sowie für trägerspezifische innovative Projekte. Außerdem
sollen Praxisanleiterinnen und Praxisanleiter in der PiA-Ausbildung zusätzliche Zeitkontingente für ihre Tätigkeit erhalten.
Geplant ist darüber hinaus, den Schülerinnen und Schülern in der klassischen Erzieherausbildung ein Stipendium in Form eines
monatlichen Zuschusses in Höhe von 100 Euro zu zahlen. Die Gespräche über die einzelnen Maßnahmen des Gute-Kita-Gesetz
sind noch nicht abgeschlossen.
Darstellung aller Maßnahmen des Pakts für gute Bildung und Betreuung
Pressemitteilung: Land und Kommunen schließen „Pakt für gute Bildung und Betreuung“